Schüttgutfrachter MS Lidia auf dem Modell-Kanal

Wasserfahrzeuge liegen in der Mikromodellbau-Szene in den letzten Jahren deutlich im Trend. Nicht wenige genießen inzwischen das fast schon meditative Steuern von Schiffen auf dem letztes Jahr entstanden Kanal mit echtem Wasser, der schon auf mehreren Ausstellungen zu bewundern war.

Meine Idee war es, dem seit vielen Jahr etablierten Spielspaß rund um die Gruben, aus denen mit Baggern Sand auf Lastwagen verladen wird, einen weiteren Beförderungsweg auf dem Wasser hinzu zufügen. Der Wunsch nach einem Schüttgutfrachter war entstanden, der vom Pier aus be- und entladen werden kann.

Faller bietet - aus der gleichen Serie, der auch schon mein Hausboot entstammt - einen Bausatz für einen Frachter an. Es gibt eine kurze (Faller 131005) und eine lange Version (Faller 131006) des Schiffes. Ich entschied mich die kurze Variante zu kaufen und den Bausatz nach Bedarf und Vorlieben zu ergänzen - besonders um die untere Rumpfhälfte, denn auch dieser Bausatz ist als Wasserlinien-Modell ausgelegt.

Der Bausatz von Faller

Der Bausatz bringt ein geschlossenes Ruderhaus mit, das ich gerne verwendete. Außerdem nutzte ich die beiden Decksteile und die Seitenwände der Ladebuchten. Im Bausatz sind noch verschiedene Ausstattungsteile - z.B. Anker - enthalten, die zur Dekoration des Modells dienen können.

Ergänzungen aus dem 3D-Drucker

Wie auch schon beim Hausboot Aurora musste der untere Teil des Schiffes im CAD konstruiert und auf dem 3D Drucker erzeugt werden. Ich ging dabei so vor, dass ich die Deckteile auf den Scanner lege und damit die Form des Bauteils digital verfügbar mache. Ein auf diese Weise gewonnenes Bild lässt sich z.B. in Fusion 360 wunderbar einfügen und auf die am Bauteil gemessene Originalgröße skalieren. Damit steht dem geneigten Konstrukteur eine gute Vorlage zum Nachzeichnen der Form im CAD bereit. Rumpfteile drucke ich gerne auf dem FDM Drucker aus PLA Filament. Natürlich kann man diese auch in einem Resin-Drucker erzeugen. Da ist aber a) meistens weniger Bauraum verfügbar und b) hat Resin eine höhere Dichte als ein FDM-Druck und bringt damit mehr Gewicht mit, was beim Bootsbau sehr relevant ist.

Die im FDM-Druck erzeugten Teile weisen produktionsbedingt eine deutlich "Schichten-Optik" auf. Diese kann durch akribisches Spachteln und Schleifen beseitigt werden. Um diese öde und manchmal frustrierende Arbeit etwas zu erleichtern, fülle man ein kühles Bier oder etwas Süßspeise in den Modellbauer.

Zusätzlich zum Ruderhaus aus dem Bausatz zeichnete ich noch eine Bug- und Heckkabine. Diese Teile entstanden auf meinem Resin-Drucker, den ich immer dann zum Einsatz bringe, wenn das Druckteil feine Details mitbringt. Auf die gleiche Weise erzeugte ich kleine Lampengehäuse für den grundsätzlichen nautischen Beleuchtungssatz (vier Positionslampen & ein Ankerlicht). Weitere Beleuchtung wurde als Decksbeleuchtung und in den Kabinen untergebracht. Sämtliche Leuchtkörper wurden mit 0402-SMD LED realisiert. Im Ruderhaus baute ich drei farbige LED ein, die später mit einem ATTiny84 mit entsprechender Programmierung animiert die Helligkeit ändern. Dies soll funktionierende nautische Instrumente simulieren.

Alle 3D Druck Dateien sind auch für dieses Schiff auf thingiverse.com verfügbar und dürfen für private Zwecke verwendet werden.

Grundsätzlicher Aufbau des Schiffes

Den Kern der Steuerung des Schiffes stellt ein Deltang RX43d-3 (erhältlich bei Sol-Expert) dar. Der DSM2-kompatible RC-Empfänger stellt mit entsprechender Konfiguration drei Motor-Treiber (H-Brücken) bereit. In dieser Konfiguration bleiben dann noch vier sog. "P-Anschlüsse", die als Servo-Ausgänge ein von der Fernsteuerung empfangenes PWM-Signal ausgeben können. Die drei Motortreiber verwendete ich jeweils zum Betrieb des Antriebsmotors, des Bugstrahlers und des Radar-Motors. Einen der PWM-Ausgänge nutze ich um Steuersignal an einen selber programmierten ATTiny84 zu übertragen und damit alle Lichter zu steuern. Im Prinzip bedeutete dies bei allen Licht-Funktionen eigentlich nur Ein- bzw. Ausschalten, außer bei den drei bereits erwähnten LED im Ruderhaus. Diese werden über zufällige Modulation der Stromstärke in der Helligkeit verändert.

Im Heck des Schiffes ist liegend ein 1,8g Mikro-Servo verbaut, der über einen Hebelweg das Ruderblatt bewegt. Das Ruder ist ein einem Messingstab verklebt, dass in einem eng anliegenden Messingrohr als Ruderkoker liegt.

Den Antriebsmotor stellt ein 6 mm durchmessender Elektromotor (z.B. auf ebay erhältlich) dar, der eine Schraube aus Neusilber mit dem Durchmesser 8 mm auf der Welle trägt. Die Schraub ist im Shop von Sven Löffler zu beziehen.

Die gesamte Elektronik findet "im Kiel" des hinteren Laderaum ihren Platz, während im vorderen Laderaum ein 680 mAh Lithium Polymer Akku (LiPo) untergebracht ist. Um die Kabel, Litzen und Kupferlackdrähte der LEDs, Motoren und sonstigen elektronischen Bauteile sauber verlegen zu können, nutze ich kurze Stücke Schrumpfschlauch. Diese werden mit Sekundenkleber an geeigneten Stellen verklebt. Durch die nicht geschrumpfen Schläuche lassen sich die Kabel sauber verlegen, sind aber für spätere Modifikationen oder Reparaturen noch flexibel.

Die abnehmbaren Aufbauten an Bug und Heck sind mit dem Rumpf elektrisch über Pin- & Buchsenleisten verbunden, wie sich im Elektronikhandel vielfältig zu finden sind. 

Im Dach der Heckkabine sind ein Mikroschalter zum Einschalten des Modells und die Ladebuchse untergebracht. Dies hat sich allerdings im Nachhinein als nicht optimal gezeigt, da nun das Modell nur in Funktion gesetzt werden kann, wenn die Heckkabine aufgesteckt ist. Eine unabhängige - aber gleichzeitig wassergeschützte Positionierung - wäre besser gewesen.

Der Lampenmast auf der Bugkabine ist aus Messing-Rohr im Durchmesser 1,5 mm gefertigt. Im Inneren sind die Kupferlackdrähte der Lampen verlegt.

Radarfunktion

Die Bugkabine trägt unsichtbar eine Halterung für einen Elektromotor mit Planeten-Getriebe in der Übersetzung 1:699. Dieser ist als G700 bei Sol-Expert zu beziehen. Die Achse des Getriebemotors durchsticht das Dach der Kabine, wird durch die 3D-gedruckte rund Kuppel gestützt und rotiert einen simplen weißen Polystyrol-Balken als Radar. Der Radar-Motor wird über einen der Motor-Treiber am Deltang RX43d-3 zu sehr langsamer Drehzahl angesteuert.

Der Radar-Motor ist mit der Halterung nicht fest verklebt. Ich habe fülliges Latex verwendet um den Motor schwingend in der Halterung zu befestigen. Dies reduziert die akustische Übertragung des Motorgeräusches auf das Model erheblich und sorgt für einen leiseren Betrieb des Radars.

Bugstrahl über Paddel

Es gibt inzwischen mehrere Ansätze im Maßstab 1:87 Bugstrahlruder umzusetzen. Ich entschied mich für eine offen liegende Paddel-Variante. Diese ist optisch zwar wenig überzeugend, aber der Betrachter kann dem schwimmenden Schiff schließlich nicht unter den Kiel schauen. Die Funktion ist dagegen sehr leistungsfähig. Der Bug lässt sich mit dem in Kielrichtung liegenden Motor schön seitlich herum drücken. Ohne das Bugstrahlruder ist das Schiff quasi nicht zu fahren.

An dieser Stelle sei auch wieder allen Zweiflern versichert: Ja, die kleinen Elektromotoren laufen ohne Kurzschluss ohne Probleme direkt im Wasser liegend. Auch nach mehren Einsätzen im Wasser zeigen sich bisher keine Probleme von Rost oder sonstigen Ablagerungen.

Wassereinbrüche verhindern

Beim ersten Einsatz des Schiffs hatte ich kein Problem mit eindringendem Wasser im Rumpf. Lediglich der Modellbau-Sand (Chinchilla-Sand aus der Tierhandlung) war in allen Ecken und Fugendes Schiffs zu finden. Beim dritten Spieltag allerdings bemerkte ich im Heck des Schiffs erste Feuchtigkeit. Die Ursache war vermutlich, dass der Antriebsmotor Wasser durch den Ruderkoker nach oben gedrückt hat. Hier war einen nachträgliche Schmierung mit Getriebefett als Lösung schnell gefunden.

Aber auch im Kiel der Ladebuchten war irgendwann Wasser zu finden, welches dann auch die Elektronik beschädigte. Die Unterbringung der gesamten Elektronik im Kielbereich war also wohl auch nicht die beste Entscheidung. Alternativ hätte diese auch unter der Bugkabine Platz finden können. Die Ursache für den Wassereinbruch an dieser Stelle war schwerer zu finden. Ich hatte den Rumpf mehrfach nach dem 3D-Druck verspachtelt, geschliffen, farbig und klar lackiert - trotzdem schien der Rumpf nicht dicht, sondern zwischen den gedruckten Schichten waren vermutlich noch Öffnungen vorhanden, die Wasser eindringen ließen. Ich löste dieses Problem in dem ich UV-Licht aushärtendes Resin außen auf den Rumpf auftrug. Das Resin war schwarz, wie auch schon der Rumpf des Schiffs. Damit fiel diese Nachbesserung nicht weiter auf und der Rumpf war danach dicht.

Bilder des Modells